„Gezähnte Geschichte. Briefmarken als historische Quellen – eine Tagung der Universität Erfurt vom 12.–15. Oktober 2017
(Erfurt) Briefmarken sind Gegenstände der Alltagsästhetik, die planvoll eingesetzt werden können und bisweilen auch gezielt Verwendung finden um Einfluss auf die kulturelle, politische oder ökonomische (Selbst)Wahrnehmung eines Landes zu nehmen. Mag auch, wie Gottfried Gabriel betont, die Einschätzung Aby Warburgs übertrieben sein, wonach, selbst wenn alle Dokumente verloren gingen, es genüge ein vollständiges Markenalbum zu haben, um die „Total-Reconstruktion der Weltkultur im technischen Zeitalter“ (Warburg zit. nach Raulff 2003) zu leisten, so gilt doch: Postwertzeichen sind ein Ausweis der geführten Debatten, ein Spiegel der propagierten Selbstwahrnehmungen und vor allem auch ein Teil der eigenen Geschichtsschreibung sowie Traditionswahrung und -erfindung (Hobsbawm/Ranger 1983). Trotzdem die kleine Gebührenquittung in eben diesem Sinne durchaus auf wirkmächtige Kronzeugen wie Aby Warburg oder Walter Benjamin zurückgreifen kann, steht eine umfassende Betrachtung und Kritik der Briefmarke als historische Quelle noch aus. Die Tagung „Gezähnte Geschichte. Die Briefmarke als historische Quelle“ wird versuchen diese Lücke zu schließen helfen.
Programm (Entwurf)
Donnerstag 12.10.2017
- ab 15:00: Registrierung
- 16:00-16:30: Begrüßung
- 16:30-17:30: Keynote: Gottfried Gabriel (Konstanz): Die politische Bildersprache der Briefmarken
- 18:00-19:00: Keynote: Gerhard Paul (Flensburg): Die Briefmarke und die Visual History
Freitag 13.10.2017
- 09:00-10:30: Sektion 1 – Umweltgeschichte
Christian Rohr (Bern): Alpine Landschaften und Kultur als konstituierendes Element der Briefmarkenemissionen der Alpenanrainerstaaten. Eine vergleichende Analyse von 1945 bis heute
Silke Vetter-Schultheiß (Darmstadt): Natur im Miniaturformat. Umweltschutzmarken der BRD von 1950 bis 1990 - 11:00-12:30: Sektion 2 – Nationalsozialismus
Franz Tröger (Bamberg): Briefmarken im politischen Kalkül des NS-Staates
René Smolarski (Erfurt): “… zwei Welten im Leben eines Volkes” – Nationalsozialistische Geschlechterrollen im Spiegel der Briefmarken des Dritten Reiches (1933-1945) - 13:30-15:00: Sektion 3 – Zeit und Raum
Jasper M. Trautsch (Regensburg): Weltkarten auf Briefmarken als Vermittler von westlichen Weltbildern im 20. Jahrhundert
Friedrich von Petersdorff (Fronhausen): Zeitliche und räumliche Aspekte der Medialität von Briefmarken - 16:30-18:00: Sektion 4 – Kalter Krieg
Daniel Börner (Jena): „Zurück, nicht zulässig”. Politisierte Philatelie, Postkrieg und Bildpolitik während der deutsch-deutschen Teilung
Oliver Benjamin Hemmerle (Grenoble): Ikonographie des Kalten Krieges en miniature. Cinderella-Philatelie und antikommunistische Exilorganisationen - 18:15-19:30: Abendvortrag
Christoph Kuhlmann (Ilmenau): Briefmarken als Medien der internationalen Kommunikation. Eine globale Vollerhebung von 1840 bis 2000
Samstag 14.10.2017
- 09:00-10:30: Sektion 5 – International
Sebastian Liebold (Chemnitz): Demokratie abgestempelt? Türkische Briefmarken als Zeitzeichen
Florian Martin Müller (Innsbruck): Archäologische Funde auf Briefmarken zur Legitimation historischer Kontinuität am Beispiel des zerfallenden Jugoslawiens und seiner Nachfolgestaaten - 11:00-12:30: Sektion 6 – Technikgeschichte
Annemarie Müller (Jena): Von Passagierflugzeugen, Traktoristinnen und Kernreaktoren. Politische Selbstdarstellung auf Postwertzeichen am Beispiel der Jahrestage der DDR 1959 und 1964
Elisabeth Schaber (Leipzig): „Politisches Agitationsmittel“ und „Exportartikel. Die Raumfahrtbriefmarken der DDR - 13:30-15:00: Sektion 7 – Politikgeschichte
Tilmann Siebeneichner (Berlin): Mythos mit Zackenrand: Das revolutionäre Erbe der SED und die Kampfgruppen der Arbeiterklasse auf DDR-Briefmarken
Markus Pohl (Paderborn): Sieger von Mühlberg und Ahnherr Europas? Kaiser Karl V. als Briefmarkenmotiv. Wie eine politische Idee sich auf Briefmarken durchsetzt - 16:30-18:00: Sektion 8 – Deutsch-Deutsche-Geschichte
Christian Könne (Kaiserslautern): Briefmarken im Geschichtsunterricht. Historisch-didaktische Potentiale und ihre Umsetzung in Schulbüchern der Bundesrepublik und der DDR
Björn Onken (Essen): Wer sind die bedeutendsten Deutschen? Briefmarken als Quelle zur Geschichtskultur in der BRD und der DDR 1949-1970
Sonntag 15.10.2017
- 11:00-12:30: Sektion 9 – Gesellschaft und Kultur
Dietrich Ecklebe (Blankenburg): Welterbe auf Briefmarken. Millionenfach festgehaltene und jedem zugängliche Zeitzeugen
Pierre Smolarski (Wuppertal/Bielefeld): Das Animal Laborans im Spiegel der Briefmarken - 09:00-10:30: Sektion 10 – Religions- und Medizingeschichte
Sebastian Knoll-Jung (Stuttgart): Nur Köpfe berühmter Mediziner? – Briefmarken als Quellen für die Medizingeschichte
Thomas Richter (Aachen): Gezähnte Reformation. Bilder der Reformation auf deutschen Briefmarken. Philatelistisch-historische Anmerkungen zur Geschichtspolitik von Bundesrepublik und DDR - ab 13:00: Abschlusssitzung
Kontakt/Anmeldung: siehe https://projekte.uni-erfurt.de/gezaehnte_geschichte/programm/
Dipl.-Inf. René Smolarski M.A., Universität Erfurt, Nordhäuser Str. 63, 99089 Erfurt, rene.smolarski@uni-erfurt.de
oder an Silke Vetter-Schultheiß M.A., TU Darmstadt, Landwehrstraße 54, 64293 Darmstadt, vetter-schultheiss@pg.tu-darmstadt.de