Peter Winters große Offenbarung
(wm) Auktionatorenlegende Wolfgang Jakubek hatte ihn einst als „Kujau der Philatelie“ bezeichnet, ein „Adelsprädikat“, was den früheren Bremer Opernsänger Peter Winter gefreut haben dürfte. Bekannter als durch seine Opernarien – hier soll er ebenfalls weltweit Bemerkenswertes geleistet haben – wurde er in der Philatelie als Produzent von Replikaten und Faksimiles, die unter Sammlern schlichtweg als Fälschungen bezeichnet werden. Offenbar hat er sich mit diesem „guten Ruf“ abgefunden, denn nach längerer Sendepause tritt Winter nun mit einem eBook, das bei Amazon erhältlich ist, an die große Öffentlichkeit: „Die Geheimnisse des letzten großen Briefmarkenfälschers vom Ende des 20sten Jahrhundert“ lautet der verheißungsvolle Titel, der zumindest im zweiten Teil der umfangreichen Autobiografie eingelöst wird. Dass Kunst und Kultur, zuweilen auch deren Derivate, eng zusammen hängen, ist bekannt. Dass Künstler – so verstand sich Peter Winter sowohl auf musikalischem wie philatelistischen Parkett – nicht selten Genie und Wahnsinn geschickt zu paaren verstehen, ist auch geläufig. Frei nach dem Motto „sex sells“ erhalten Leser nämlich im ersten Teil Einblicke in das intime Liebes- und Wanderleben, locker erzählt von einem „begeisterten Verehrer schöner Frauen“, der so manches er- und überlebte. Karibische Nächte sind offenbar lang und wild, der Liebes- und Lebensalltag fordert selbst gestandene Erotomane. Wer Peter Winter einmal begegnet ist, weiß, dass dieser eine lebenslustige Frohnatur ist: Ein Schelm ist allerdings der, der sich Böses dabei denkt. Auch bei dessen Erinnerungen an den Opernalltag auf den namhaften Bühnen dieser Welt.
Für Philatelisten – oder einfach gesagt: für Briefmarkensammler – bietet das Buch aber weit mehr als dies. Nämlich erstmals eine Übersicht all der Produkte, die Winter im Laufe von zehn bis zwanzig Jahren gefertigt hat: Manche sehr kunstvoll und kreativ, andere wiederum mit List und Tücke, womit er die wahren Gauner, die mit seinen Replikaten versuchten, Dritte übers Ohr zu hauen, hinters Licht führte. Dieser Abbildungsteil seines Schaffens ist beeindruckend, auch so manche Methode, die er selbst entwickelte, um den Originalen so nah als möglich zu kommen. Damit bietet er nunmehr nach 30 Jahren Einblicke in seine „Geheimnisse“, in sein „Labor“, in dessen Reagenzgläsern er so manches Süppchen kochte, das anderen nicht gefiel.
Für 4,99 Euro ist dieses eBook bei Amazon erhältlich und mit jedem Kindle lesbar. Im Gegensatz zu seinen Original-Replikaten ist dies nahezu geschenkt. Ob er seinen Plan, eine edel und aufwändig gefertigte Luxus-Edition mit all seinen Replikaten einmal realisieren wird (die dürfte dann wohl mehr als das hundertfache kosten), bleibt abzuwarten.
Foto: Peter Winter (aus Familienbesitz) / Buchtitel (Amazon)