Wolfgang Jakubeks monumentales Spätwerk: „Thema 3. Reich“
(wm) Wer das 5-kg-Paket mit diesem voluminösen Werk auspackt, spürt gleich, dass ihn etwas Besonderes erwartet. Der Buchliebhaber wird die beiden edel und kostbar in schwarzes Leder eingebundenen jeweils 400 Seiten starken Bände sowie den dazu passenden aufwändig verarbeiteten Buchschuber schätzen. Der interessierte Leser wird sich auf den Inhalt dieser auf bestes Papier in Farbe gedruckten Ausführungen des namhaften Autors stürzen. Dabei könnte es ihm genauso ergehen wie dem Rezensenten, der einmal angefangen die Bände nicht mehr aus der Hand gelegt hat. Jakubek nennt sein unter Mitarbeit von Hans-Joachim Schwanke erstelltes Werk „Ein Bildband und Erinnerungen“. Wer nun zum „Thema 3. Reich“ eine Enzyklopädie von dessen Geschichte erwartet hat, liegt völlig falsch. Diese gibt es bereits von mehr oder weniger berufenen Historikern en masse. Jakubeks Art ist es, Einmaliges zu liefern, eben das, was keiner hat und kennt – und natürlich Philatelistisches! Dazu bietet er dann aber tatsächlich eine Enzyklopädie, nämlich die der Probedrucke und Essays zu den Briefmarken des Dritten Reiches, die es – selbst in annähernder Form – bislang noch nicht gab. Allein das ist bereits einmalig. Noch beeindruckender, weil lesenswerter, sind allerdings die persönlichen Erinnerungen dieses in der internationalen Philatelie renommierten Experten, der damit sein über 60 Jahre gesammeltes Wissen um diese schwierige Materie in die Hand des Lesers legt. Er erzählt autobiografisches, wie er selbst als junger Knirps diese Zeit mit- und überlebt hat, wie das Grauen angesichts Gesehenem (S. 6–7) ihn erstarren ließ, aber auch wie er sich ab August 1944 intensiv für Briefmarken zu interessieren begann. Sie sollten ihn Zeit seines Lebens nicht mehr loslassen.
Gestandene Philatelisten dürfte sein Wissen um die langjährig in strittiger Diskussion gebliebenen SA-SS-Marken wichtig sein (ab S. 38), besonders aber das Thema der mit solchen Marken frankierten Briefe (ab S. 67). Sind sie nun echt oder doch Mache? Jakubek klärt die Rätsel auf und positioniert sich eindeutig: Es sind „Handelsartikel mit Souvenir-Charakter“, aber: „Wer heute so einen SA/SS-Brief in der Hand hält, betrachtet ein Stück Berliner Nachkriegsgeschichte.“ Das Wissen darum verdichten mehrere Porträts damaliger Zeitzeugen, die Jakubek zum Leben erweckt und sprechen lässt, sicherlich auch seine Erinnerung darum, wie er als Jungspunt im hungernden Berlin selbst solche „Belege“ in Auftrag gab und sich mit amerikanischen „Camel“-Zigaretten bezahlen ließ. Spätestens ab Seite 97 im ersten Band präsentiert Jakubek dann die erschlagende Fülle bekannter, meist aber eher unbekanntere Probedrucke aller At, die er jeweils in Originalgröße auf einer Seite illustriert und mit kurzen lesenswerten Anmerkungen versieht. Dass dabei die links (gegenüberliegende) Seite stets freibleibt und nur mit demselben Logo- und Autoren-Platzfüller sowie der durchgezählten Nummer der Bildtafeln versehen wird, mag man vielleicht als Platzverschwendung interpretieren. Aber der Autor ist ein Connaisseur und so weiß er, wie man Seltenes so platzieren muss, dass es im Vordergrund steht und man es optisch genießen kann: jeweils auf einer rechten Seite. Über 350 Bildtafeln bringt er so zustande, eine Leistung, zu der ihn sein Freund Hans-Joachim Schwanke ermutigt hat.
Von diesen Druckproben und Essays sagte Jakubek bereits vor knapp 40 Jahren – damals sammelte er diese schon 25 Jahre lang –, dass er sie einmal in einem Handbuch präsentieren wolle. Es sollte noch viel Wasser den Rhein herunterfließen, bevor er dies nun umsetzen konnte. Damals konnte er bei einer Hamburger Auktion 221 solcher seltenen Stücke anbieten, letztlich wurde deren Zahl in diesen beiden Büchern noch einmal deutlich gesteigert.
Zum Schluss seines Buches resümiert er zutreffend: „Für Briefmarkensammler wurde dieses Buch nicht geschrieben.“ Wohl aber – und diesen Leserkreis hatte Jakubek durchaus im Auge – für den „kleinen Kreis derer, die sich leisten, ‚historische Philatelie‘ zu pflegen“, einen Kreis, den Jakubek als „Avantgardisten“ deshalb bezeichnet, weil diese wissen: „Die Philatelie beginnt da, wo die Kataloge aufhören“! Das dürfte zutreffen, ebenso wie die Aussage, dass man sich dieses monumentale Buchwerk leisten können muss, denn immerhin hat Luxus und gebotene Spitzenqualität ihren Preis: 248 Euro zzgl. Versandkosten. Dafür erhält man aber auch ein Werk, das Bestand haben wird und in die Geschichte der deutschen Philatelie-Literatur eingehen dürfte. Kontakt/Bezug: Schwanke Philatelie, Hans-Joachim Schwanke, Märkerweg 33, 22455 Hamburg, E-Mail: info@schwanke-philatelie.de