RÜCKBLICK auf die 58. Christoph Gärtner-Auktion (19.–23. Februar 2024)
(Stefan Jürgens-Fa. Gärtner/pcp) Traditionell begann die Auktion mit Münzen und Banknoten – diesmal in geänderter Reihenfolge. Dass die Münzen vom Montag-Nachmittag auf den Vormittag vorgezogen wurden, scheint der Kaufstimmung nicht geschadet zu haben – die Verkaufsquote und die Zuschläge für Standardmaterial waren jedenfalls unverändert gut. Die Banknoten haben von diesem Tausch profitiert – es war wesentlich mehr Leben im Saal und im Internet.
Ein auch für Philatelisten bemerkenswertes Ergebnis war eine vergoldete Silbermedaille, die auf der Internationalen Luftpostausstellung Danzig 1932 wegen Verdiensten um die Luftpostkunde verliehen wurde und von 100 € Ausruf auf 5.000 € Zuschlag hochgesteigert wurde (Los 531).
Eine 100 Billionen Mark Reichsbanknote aus der Hochinflation 1923 in (nahezu) bankfrischer Qualität wurde von 2.500 € auf 4.400 € gesteigert (Los 1726). Insbesondere Weltbanknoten hatten eine überdurchschnittliche Verkaufsquote, ohne das hier einzelne Länder besonders hervorstachen. China, das in den letzten Monaten ein wenig hinter den Erwartungen zurückgeblieben war, scheint wieder anzuziehen – dies ist auch in der Philatelie so wahrzunehmen. Hat man da den Chinaboom vielleicht zu früh für beendet erklärt?
Liechtenstein ist auch ohne herausragende Einzelstücke in dieser Auktion als ein Sammelgebiet mit überdurchschnittlicher Verkaufsquote zu erwähnen. Bei den Semstwo-Ausgaben Russlands hatte das Auktionshaus ein vergleichsweise gutes Angebot zu moderaten Ausrufpreisen – insofern wundert es nicht, wenn dieses Gebiet „Ausverkauf“ meldete. Altdeutschland mit moderaten Ausrufen brachte erwartete Steigerungen – aber Einlieferer mit zu hohen Preisvorstellungen blieben auf ihren Losen sitzen. Bremen, Hamburg und Lübeck z.B. wurden (nahezu) ausverkauft, während Baden, Bayern und Preußen durchaus noch Schnäppchen im Nachverkauf versprechen. Zum Ausruf wurde ein philatelistisch beeinflusster Ganzsachenumschlag Helgolands aus der Rothschildsammlung (Los 4342) für 8.000 € verkauft.
Deutsches Reich zwischen Brustschilde und Inflation bestätigt das Bild: Bei moderaten Ausrufe gehen die Lose mit Steigerungen. Deutsche Kolonien wurden recht solide verkauft, wobei hier die bemerkenswertesten Zuschläge im Rahmen des „Germania“-Sonderkataloges erfolgten. Im Rahmen des regulären Angebots wurde ein Brief aus Eisenberg/Sachen frankiert mit 2x 20 Pfg Krone/Adler 1878 nach Sansibar von 100 auf 1.800 € hochgesteigert (Los 5562).
Deutsche Besetzungen des Ersten Weltkrieges, Abstimmungsgebiete und Danzig sind immer noch sehr gefragt.
5.800 € Zuschlag bei 2.000 € Ausruf brachte das Los vom Titelbild des Asienkataloges, ein Brief Offenbach nach Chinkiang und zurück, wobei der Rückweg eine Mischfrankatur aus chinesischen Small Dragons mit Marken des japanischen Postamts in Shanghai ist. (Los 7020).
Chinas Mei Lang-fang Blöcke brachten Steigerungen, und auch sonst wurde die Volksrepublik China nahezu ausverkauft. Ein unter Holyland gelistetes Los von zwei Einzelfrankaturen des Osmanischen Reiches von Safed nach Braunschweig wurde bei 100 € Ausruf für 1.150 € zugeschlagen (Los 7236). Indien – und hier insbesondere die Raketenpost – fand im Internet begeisterte Abnehmer und auch Japan und seine Besatzungen wurden ausverkauft. Ein unter Japan-Incoming-Mail angebotener Brief 1868 aus Bergamo nach Yokohama brachte bei einem Ausruf von 200 € einen Zuschlag von 3.400 € (Los 7326). Die Sammlungen Asiens – die erstmals aus den Sammlungstagen herausgelöst wurden und an einem Tag mit den Einzellose der gleichen Gebiete auch Online angeboten wurden, erreichten gute, teils sehr gute Ergebnisse.
Der Germania-Sonderkatalog ist weitestgehend verkauft – die 2½ Dollar auf 5 M vom Katalogtitel wurde für 10.000 € zugeschlagen (Los 10062), die 1 M Reichspostamt in der seltenen Farbnuance dunkelilarot wurde von 5.000 auf 8.500 € hochgesteigert (Los 10010).
Deutlich über den Erwartungen lag das Ergebnis des Sonderkataloges „Privatpost des Deutschen Reiches – Die Sammlung Horst Müller“. Etliche Internet-Onlinebieter lieferten sich erbitterte Gefechte mit Telefonbietern, Kommissionären und den schriftlichen Bietern im Auktionsbuch der Auktionatorin. Die mit zwei Stunden eigentlich reichlich eingeplante Versteigerungszeit wurde nahezu verdoppelt. Dass die „klassische“ Privatpost bei vielen Sammlern im Schatten der modernen Privatpost steht, kann somit als widerlegt gelten.
Mit zweieinhalb Stunden Verspätung begann der Sonderkatalog „Deutsche Besetzung im Zweiten Weltkrieg – Frankreich“ – auch hier mit einem durchaus beachtenswerten Gesamtergebnis. Der Titelbeleg – ein Brief mit einem Pärchen der Wohltätigkeitssonderausgabe „Erinnerung an die ersten Eisenbahnlinien Paris-Orleans und Paris-Rouen“ mit Handstempelaufdruck „Festung Lorient“ (Los 10731) wurde um 21:23 Uhr für 22.500 € zugeschlagen.
Die beiden Sammlungstage zeigen teils recht gute Ergebnisse: eine Sammlung „Britisch Australasia“ wurde von 3.000€ auf 12.000 € hochgesteigert (Los 11408), 4.000 Weltraumbelege wurden für 10.000 € und eine Sammlung von über 400 Zeppelinbelegen fand für 8.000 € einen neuen Besitzer. Nachlässe und Wunderkartons am Freitagmorgen fanden in einem übervollen Saal statt – zusätzlich zu den zahlreichen Onlinebietern.
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel: in der 59. Auktion, die vom 3.–7. Juni 2024 stattfindet wird eine amtliche nicht ausgegebene, gebrauchte 40 Pfg Germania mit lokalem diagonalem Handstempelaufdruck „China“ angeboten. Von dieser Marke sind nur 13 Exemplare bekannt.
(Alle genannten Zuschläge verstehen sich zuzgl. Aufgeld und Steuern.)