Eine Legende hat uns verlassen: „Mr. Mauritius“ Wolfgang Jakubek

Wolfgang Jakubek. Fotovorlage Hans-Joachim Schwanke (2017)

(wm-pcp) Unbemerkt von der großen philatelistischen Öffentlichkeit starb am 12. Oktober 2024
die frühere Auktionatorenlegende, der eben diese berufliche Zeit seines Lebens so sehr geliebt
und ausgefüllt hatte: Wolfgang Jakubek. Am 14. Februar 1930 hatte er in Berlin-Charlottenburg
das Licht der Welt erblickt und wurde 94 Jahre alt, war aber aufgrund zunehmender Erblindung
im letzten Jahrzehnt kaum noch einmal bei Messen und Veranstaltungen zu treffen. Aber per
Telefon hielt er Kontakt mit all denjenigen, die ihm wichtig waren und seine Frau Brigitte war
ihm eine große Hilfe.

Briefmarkensammler war er seit 1936. Damals erhielt er sein erstes Album und einen Olympia-
Satz von 1936 mit Sonderstempel geschenkt. Er wurde gefördert durch seinen Großvater,
dessen Sammlung (eine wertvolle Deutsche Kolonien-Sammlung) er nach dessen Tod im
Dezember 1945 ein Jahr später im Familienauftrag verkaufte. 1942 begann Jakubek mit der
Briefmarken-„Kunkelei“, wie er es nannte: Im Rahmen der Kinderlandverschickung kam er mit
13 Jahren ins Sudetenland. Im dortigen KLV-Lager tauschte er Mozart (DR, MiNr. 810) gegen
Griespudding!

In der Nachkriegszeit verstand er es, sich auf dem Berliner Schwarzmarkt mit dem
Briefmarkenhandel über Wasser zu halten. So verkaufte er aus der Sammlung seines Großvaters
1946 eine Niederlande 10 Gulden von 1905 für 1.000 Mark. So begann in diesem Jahr seine
Händlerkarriere. Er knüpfte erste Händler-Kontakte zu Alfred Brückner, Rudi Schulze, zur Firma
Heinrich Köhler, Walter Kaul u.a., besuchte die erste EBEL-Auktion und wurde Einkäufer mit
Dollar-Lizenz als kleiner „Ami-Käufer“ für den US-Filmkontroll-Offizier Captain Hirsch. Weitere
Förderung erhielt er dann 1947 von Dr. Sigmund Samuel Morgenbesser, der ihn zur
Berufsphilatelie „verführte“ und Arnold Ebel. Ab 1950 war er regelmäßiger Gast bei den
Börsenabenden des Freiherrn von Rheinbaben.

Gewerblich gemeldeter Briefmarkenhändler wurde er am 10. Juni 1953, allerdings ohne
Ladengeschäft (Spezialgebiete: Übersee, besonders USA). Er bearbeitete bei Ebel und bei
Heinrich Salomon Auktionslose und lernte von 1957 bis 1962 – seit 1957 mit erstem eigenen
Büro zwischen Ku-Damm und Bahnhof Zoo – das Auktionsgeschäft. Ab 1963 führte er erste
eigene Auktionen mit seinem Partner Wolfgang Schätzle durch (Ku-Damm, Ecke Fasanenstraße);
insgesamt zehn an der Zahl. Im Januar 1966 wurde er philatelistischer Direktor und Auktionator
im Haus Edgar Mohrmann & Co. Ab der 125. Auktion (1967) leitete er alle Auktionen, verließ
aber Ende 1983 nach der 162. Mohrmann-Auktion im Oktober 1983 das Haus Mohrmann, das
zum 1. Januar 1984 von der 80jährigen Margarete Mohrmann an Ekkehard Lambrecht, Manfred
Mylius und Peter Rapp verkauft wurde. Zwischen 1984–1988 hielt Jakubek im Hamburger
Hanse-Viertel eine Reihe eigener Auktionen ab, zog sich aber mit der neunten Auktion 1988 aus
dem Auktionsgeschäft zurück. 1990 veranstaltete er mit dem VEB Philatelie (Kunst und
Antiquitäten GmbH der DDR) im Ostberliner Grandhotel die erste und einzige deutsch-deutsche
Valuta-Auktion zum 150jährigen Jubiläum der Briefmarke.

Als Berufsphilatelist machte sich Jakubek weltweit einen Namen: So verkaufte er allein fünf
Exemplare der berühmten Mauritius POST OFFICE, davon vier über Auktionen (1972 die blaue,
1977 die orangerote, im Herbst 1985 je eine dieser Marken, die der reichen Revlon-Erbin Rita
Lachman zugeschlagen, von dieser aber nicht bezahlt wurden), außerdem die schwedische Tre-
Skilling-Banco. 1994/95 vermittelte er erneut drei Mauritius-Post-Office-Marken, was ihm den
Namen „Mr. Mauritius“ einbrachte.

Seit 1973 (und bis 2002) war Jakubek Verbandsprüfer im BPP für Bergedorf, Hamburg,
Schleswig-Holstein, frühe USA (bis 1910) und Konföderierte Staaten, Deutsches Reich Nr. 67
(Vineta-Provisorium), er galt als guter Kenner und Experte diverser klassischer Überseegebiete,
überwiegend der Britischen Kolonien. Neben seinen Prüfgebieten schätzte er klassische
philatelistische Literatur.

Dem Berliner Philatelisten-Klub gehörte er seit 1982 an, dem Berufsverband des Deutschen
Briefmarkenhandels –APHV- seit 1984, dem Bundesverband Deutscher
Briefmarkenversteigerung von 1984–2000 (1988 wurde seine Mitgliedschaft in eine „stille“
Mitgliedschaft umgewandelt). Bei der American Philatelic Society und der Confederate Stamp
alliance war er jeweils life member.

Jakubek wusste mit seiner unvergleichbaren Eloquenz die Menschen anzusprechen, nicht nur
hinter dem Auktionspult. Auch mit seinen Buchpublikationen. Sein erster Bestseller war „Knaurs
Briefmarkenbuch – Die ganze Welt der Philatelie“ (1976), diesem folgte 1999 „Marken,
Menschen und Marotten“ und zuguterletzt das zweibändige Werk „Thema 3. Reich. Ein Bildband
und Erinnerungen (ca. 800 Seiten, 2017). Die Gesamtauflage seiner Bücher betrug über 100.000
Exemplare!

Für seine Verdienste verlieh ihm der APHV 1996 seine Ehrennadel in Vermeil. Er selbst lobte
1992 den Jakubek-Award für Verdienste in der deutschen Nachkriegsphilatelie oder die
interessanteste Sammlung nach 1945 aus, – ein Preis, der sich aber nicht durchsetzte. 2010
wurde er mit der Heinrich-Köhler-Medaille des BPP für seine Verdienste geehrt.
Für die ARD und RTL trat er im Fernsehen als Auktionator für den guten Zweck auf, so 1997
beim RTL-Spendenmarathon. Eine ähnliche Rolle übernahm er bei zahllosen Messen und
Ausstellungen mit Benefizversteigerungen. Zudem war er mehrmals in der von Dagmar Berghoff
moderierten Sendung „Briefmarken nicht nur für Sammler“ zu Gast.

Es gibt kaum andere, die wie er über Jahrzehnte die Philatelie inspirierte, für das
Briefmarkensammeln warb und viele begeisterte. Mit seiner zuweilen schnodderigen „Berliner
Schnauze“ bleibt er uns im Gedächtnis. Wir werden ihn vermissen!