Nerds avant la lettre – oder weltfremde Zeitgenossen?

P1070824_neu(wm) Wenn man die Berichterstattung in Medien verfolgt, gewinnt man zuweilen den Eindruck, dass für Journalisten Briefmarkensammler und Philatelie eine völlig fremde Welt sind. Da spricht die FAZ vom 24. Oktober 2017 in einem bemerkenswert gut geschriebenen Nachbericht zu einer wissenschaftlichen Tagung in Erfurt, bei der für Historiker die Philatelie im Fokus stand, vom Volksmund, der angeblich das Image der Briefmarkensammler mit einer Art „Nerd avant le lettre“ assoziiert, Sammler als „weltfremde Zeitgenossen“ identifiziert, „die sich nur für ihr Hobby interessieren, ihre Umwelt kaum zur Kenntnis nehmen.“ Andere sprechen von einer aussterbenden Spezies, von Dinosauriern, die im Zeitalter des Internets und der briefmarkenlosen Mail zum Untergang verdammt sind. Ähnliches klingt auch in einer Fernsehsendung des SWR an, die man in der Mediathek des Senders unter https://swrmediathek.de/player.htm?show=0a09cca1-bdc9-11e7-a5ff-005056a12b4c noch einsehen kann. Da ist die Rede von einem „eher schrägen Hobby“, vom Handy, das dem Brief den Garaus macht, aber auch – personifiziert in der Gestalt des 21jährigen Sammlers Jens Petermann, der u.a. am Stand des Bundes Philatelistischer Prüfer mit Lupe, Pinzette und Katalog ins Bild gesetzt wird – von dem Reiz dieses Hobby. „Das Briefmarkenhobby wird überleben und da habe ich keine Bedenken“, äußert der sympathische Nachwuchsphilatelist Petermann. Ähnlich positiv ist auch das Resümee von Martin Otto in seinem Nachbericht der FAZ zur Erfurter Tagung. Sein Schluss lautet: „Doch dass Briefmarken nur ein Randthema für weltfremde Philatelisten seien, hat die im besten Sinne interdisziplinäre, gesamtdeutsche und von echtem Enthusiasmus aller Teilnehmer getragene Erfurter Tagung jedenfalls eindrucksvoll widerlegt.“ – Also „Ende gut, alles gut?“

Foto: Jens Petermann im Blickpunkt der Kamera des SWR am Stand des BPP in Sindelfingen. (Vorlage: Wolfgang Maassen)