Markige Worte – „getextet von einem Philatelisten für begeisterte Philatelisten“

(wm) Es ist sicherlich nicht das erste Mal, dass ein Berufsphilatelist den Zeitgeist aufgreift, auf gesellschaftliche Trends und Entwicklungen anspielt, und diese in einem Vorwort für eine Publikation verarbeitet. Philateliehistoriker werden sich an Hugo Michels Vorworte zu seinen Katalogen in den Jahren bis 1919 erinnern. In heutiger Zeit findet man solche Ausflüge allgemeingesellschaftlicher Betrachtungen allerdings nur selten. Eine Ausnahme bilden seit geraumer Zeit die Editorials der Dr. Derichs-Auktionskataloge, die Inhaber Roland Meiners selbst verfasst und die er als „eine Klasse für sich“ bezeichnet. Zur Versteigerung „BELLEVUE zum Zweiten“ am 22. Juni 2019 führte er als Geleit aus:

„Schon mehrfach haben wir in den letzten Jahren darauf hingewiesen, daß hochwertige Philatelie ein gutes Instrument im Rahmen der Strukturierung größerer Vermögen sein kann. An der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat sich nichts geändert, man nimmt uns unseren 500-Euro-Schein weg mit der Begründung ‚Terrorbekämpfung‘, spricht aber kein Wort davon, daß man rechtschaffene Bürger immer mehr kontrollieren möchte, u. a. durch den Wegfall von Möglichkeiten zur Barzahlung. In diesen Zusammenhang paßt die Meldung, daß in Deutschland im Vorjahr erstmals mehr als 50 Prozent aller Zahlungen in Geschäften bargeldlos erfolgten —Tendenz steigend. Und dann kommt auch noch der Juso-Vorsitzende daher und regt an, man solle BMW verstaatlichen und die Eigentümer inclusive der Familie Quandt/Klatten gleich mit enteignen. Hoffentlich ist sich die SPD darüber bewußt, daß die 5-Prozent-Hürde auch für die eigene Partei gilt. Spaß beiseite: Wie oft hat uns die Geschichte schon gelehrt, daß aus Gedanken Worte wurden und aus Worten Taten? Wie wohl kann sich bei diesem geistigen Umfeld jeder Philatelist fühlen mit einem kleinen oder großen Briefmarken-Vermögen im Tresor! — Vielleicht erleben wir noch Zeiten, in denen feine Sachwerte wie Briefmarken die Parallelwährung der Zukunft sind.“

Meiners kritische Anfragen steht im Raum und jeder wird für sich abwägen, was hier geschicktes Marketing oder eigene Gesellschaftsphilosophie ist. Zumal wenn er den nachfolgenden Satz liest: „In erster Linie soll uns die Philatelie Spaß machen — das sagen wir jedem unserer Kunden, mit denen wir über Briefmarken sprechen. Schauen Sie sich die folgenden gut 200 Bildseiten an. Ein Stück ist schöner als das andere. Wenn Sie hier Geld ausgeben, kaufen Sie sich pure Freude ein.“