Ein Postgeschichtler, der Menschen zusammenführte: Albert Fillinger (1928–2020)

(pcp-wm) Er war eine ungewöhnliche Person, das machte bereits sein Geburtsdatum deutlich, denn am 1. Januar 1928 war er zur Welt gekommen. Nicht nur dieses ungewöhnliche Datum, das quasi einen Neubeginn, eine neue Ära signalisierte, mehr noch seine reichhaltige Tätigkeit als Philatelist und Postgeschichtler machen deutlich, wie geradezu „segensreich“ Fillinger sich für die Verbindung der deutsch-französischen Philatelie in seiner Region – er lebt in Mulhouse – einsetzte. Er gehört zu denen, die sich vor Jahrzehnten bereits für eine Regio Basiliensis engagierten, aber auch für die deutsch-französische Freundschaft und Verständigung. Das hört sich aus heutiger Sicht kaum noch weltbewegend an, wenngleich wir auch in diesen Tagen vielfach spüren, wie eng begrenzte nationale Interessen Partnerschaften hüben wie drüben schnell verletzen, gar nachhaltig tangieren können.

In den 1950er/60er-Jahren war das Verhältnis der Deutschen sowie der Franzosen noch alles andere als entspannt. Die Französischen Besatzer hatten in der Nachkriegszeit Spuren hinterlassen, umgekehrt hatten die Deutschen im Nachbarland zuvor für ein jahrelanges grauenhaftes Erleben gesorgt, das traumatischen Wunden für lange Zeit interlassen sollte.
In diesem Umfeld auf andere wieder zuzugehen, einen Neuanfang zu wagen, brauchte Fingerspitzengefühl, Verständnis und Geduld. Mit anderen – darunter auf deutscher Seite Dr. Heinz Jaeger – ging Fillinger das Vorhaben an. Aus dem kleinen Spross, der sorgsam gepflegt und gehegt wurde, entstand so die philatelistische „Regio“, die Fillinger mit aller Kraft und jedem ihm möglichen Einsatz förderte. Ebenso wie die deutsch-französische Freundschaft.

Er gehörte mehreren Vereinen allein in der Schweiz, Deutschland und Frankreich an, wurde ein internationaler Juror und renommierter Experte für klassische Postgeschichte. Seine hohe Kompetenz konnte man bereits seinen Exponaten ablesen, die er mit hohen Erfolgen national/international ausstellte (Großgold und Grand Prix bei weit mehr als 30 internationalen Ausstellungen für diverse postgeschichtl. Exponate, u.a. Les Armées françaises en campagne de Louis XIV a Charles X.; La Grande Armee 1804/1814; Marques et cachets posteaux du departement 66 – Haut-Rhin). Noch unüberschaubarer ist die enorme Zahl seine Fachbeiträge, die er in diversen philatelistischen Fachzeitschriften, u.a. in der BeBZ, schrieb.

Im Laufe seines Lebens wurden Fillinger mehr als 20 Ehrungen, nicht nur aus dem Kreis der Philatelie, sondern auch – und dies ist nicht häufig – von Stadt und Land zu teil. Er hat sich nicht nur darüber gefreut, er hatte sie auch verdient. Der Nationale Verdienstorden Frankreichs im Jahre 2001 passte genau zu seinem Lebenswerk der Förderung der Verständigung der Nachbarvölker. Davon profitierte, spätestens seit 1994, auch der Postgeschichtliche Bereich der Sindelfinger Briefmarkenbörse, für die er sich sehr einsetzte.

In den letzten Jahren ließ sein Kraft zunehmend nach, zumal er über lange Zeit seine Frau pflegte, so dass er kaum noch längere Reisetouren unternehmen wollte. Das Consilium Philatelicum, in das er 2009 vom Bund Deutscher Philatelisten berufen worden war, musste auf seine aktive Mitwirkung verzichten, hielt aber guten Kontakt. Nicht nur dieses Gremium wird diesen Ausnahmephilatelisten von Rang vermissen.

Foto: Wilhelm van Loo